Freitag, März 29, 2024
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StartChan (Zen) BuddhismusDer Inhalt ist wichtiger als der Behälter

Der Inhalt ist wichtiger als der Behälter

Eben bin ich im Shaolin Tempel Europe im Büro des Abtes. Hier gibt es eine umfangreiche Bibliothek mit buddhistischen Büchern, viele davon haben Chan (Zen) zum Thema, ich habe mir einige angesehen.

Dabei ist mir aufgefallen, dass alle Bücher über Sutras, Regeln und die Geschichte berichten, die Essenz der Lehre Buddhas, die „Erleuchtung“, wird allerdings nicht, oder kaum behandelt.

Seitenweise werden die Orte aufgelistet, wo Buddha sich aufgehalten hatte, wo er geboren wurde, wo er unterrichtete, wo er weilte. Auch sein Nachfolger Bodhidharma wird ausführlich historisch besprochen, dessen Nachfolger, bis Hui Neng, in allen Einzelheiten geschichtlich betrachtet. Die Weitergabe der (Chan)-Buddhistischen-„Lehre“ an japanische, koreanische und andere buddhistische Mönche wird inhaltlich genau behandelt.

In einem Buch über Chan (Zen) wird auf fast 300 Seiten beschrieben, wer Buddha war, Ansichten über sein Leben werden verglichen, aber zum zentralen Thema „Erleuchtung“ stehen da nur wenige Zeilen. Angeblich erreichte der historische Buddha, in tiefer Meditation, die erlösende Erkenntnis des mittleren Wegs, und definierte die vier edlen Wahrheiten. Die Aussage kann nur von einem Autor stammen, der eben keine „Erleuchtung“ erfahren hat, sondern das Thema „Buddhismus“ wie ein Historiker abhandelt, und auch das „Erwachen“ nicht ernst nimmt.

Der Grund liegt wahrscheinlich auch in der Tatsache, dass Jeder von Jedem abschreibt.

Buddhas Weg zur „Erleuchtung“ als Kernaussage des Buddhismus, kann aber nicht getrennt von seinem Leben behandelt werden.

Buddha erreichte das „Erwachen“ nachdem er vollkommen gescheitert war. Er meditierte 6 Jahre lang um etwas zu erreichen, was ihm in der Anfangszeit noch nicht bekannt war. Seine verschiedenen Meditationen hatten das Wissen um das Wesen aller Dinge zum Ziel, allerdings war zu diesem Zeitpunkt auch der historische Buddha wie ein Blinder, der von der Farbe sprach. 

Als er komplett die Suche aufgegeben hatte, gescheitert und leer, alle Wünsche, Vorstellung und Wertungen von ihm abfielen, erst da erfuhr Buddha das „Erwachen“.

Die „Erleuchtung“ ist kein körperliches Phänomen, sondern ein geistiges. 

So wie bei Buddha kann Meditation sicherlich Ihren Weg begleiten, allerdings setzt „Erleuchtung“ die kognitive Komponente der Erkenntnis voraus, nämlich alles loszulassen, komplett leer zu werden.

Wenn nun die verschiedensten Autoren über Buddha, Bodhidharma und Chan schreiben, ohne selbst Erkenntnis erlangt zu haben, ist dies FALSCH. So werden Suchende in die völlig falsche Richtung geleitet. Buddha ist nicht nur eine historische Persönlichkeit, deren Leben chronologisch betrachtet werden kann, sondern ein spiritueller Lehrer, dessen Lehre sein Leben ausmacht. 

Ohne „Erleuchtung“ erfahren zu haben, sollten eben keine Texte zum Buddhismus entstehen.

Wenn nach dem ersten Schneefall jemand den Weg bahnt werden andere dem Pfad folgen! 

 

Wer nichts weiß, muss alles glauben

– Marie Freifrau Ebner von Eschenbach – Österreichische Erzählerin – 1830 bis 1916

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